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U2 Vertigo Tour

Vertigo Tour 2nd leg: Europe

: Arena AufSchalke - Gelsenkirchen, Germany

View all performances at Arena AufSchalke, Gelsenkirchen, Germany.

(venue website)


Gelsenkirchener Barock (german)

Michael Pilz (published on 2005-06-14)

Source: Die Welt

Die irische Band U2 feiert auf Schalke die Renaissance des Rockkonzerts

von Michael Pilz

Ist das jetzt Regression? Als die U2-Konzerte immer größer und gewaltiger wurden, in den späten achtziger Jahren, ging die Gruppe zur Symbolik über. In den frühen Neunzigern gab es Trabis auf der Bühne. Später wuchs ein riesiger McDonalds-Bogen in den Stadionhimmel. Bono zwinkerte und strahlte und trug Teufelshörnchen als "McPhisto", das versinnbildlichte den verlogenen Popmarkt. Vor vier Jahren stellte er sein Publikum ins Innere eines herzförmigen Laufstegs. Das war schon ein erster Abschied von der Ironie - für den, der das so sehen wollte.

Heute muß weder verstanden noch gedeutet werden. Heute wird erlebt. Auf Schalke, in der Gelsenkirchener Arena, brüllen 60 000 gegen die gebogene Bühnenrückwand. Für die ersten Stücke bleibt sie silbergrau, hinter den Hymnen "Vertigo", "Beautiful Day" und "Elevation". Dann beginnt die Wand zu flimmern und zu flackern. Schließlich wird sie von den Lichtern eingefärbt, und Bilder formen sich auf diesem Paravent aus ein paar hundert Videoschirmchen. Hübsche, bunte Bilder. Es geht nicht ums große Ganze, sondern um die Musikanten. Um vier auf die 50 zueilende Iren, deren Markenzeichen eine schwarze Brille oder eine schwarze Mütze sind. Sie singen, und sie spielen ihre Instrumente. Jeder wird dabei gefilmt und auf zwei weiteren, parkplatzgroßen Monitoren gleichberechtigt abgebildet. Eine Botschaft gibt es noch: Es handelt sich hier um ein Rockkonzert, ein Rockkonzert, ein Rockkonzert.

In Zeiten, als U2 gigantische Zitronen auf die Bühnen hängten, galt die Form des Gastspiels als erledigt. Die Tourneen wurden noch gepflegt als Werbereisen für ein jeweils neues Album, und nicht selten häufte der Betriebsausflug in Kauf zu nehmende Verluste an. Mit Ausnahme der gierigen, geschichtsbeladenen Rolling Stones. Während Musik im Internet verschwand, in Tauschbörsen und Downloadfenstern, sahen visionäre Musiker die Zukunft des Konzerts in sogenannten Live-Streams. Eine weltumspannende Gemeinde sollte vor dem Heimcomputer das Konzert erleben dürfen. Das ist nur fünf Jahre her und wirkt heute grotesk wie das papierlose Büro.

Für eine künftig plattenlose Plattenindustrie spricht allerdings noch immer einiges. Nicht nur das Klingeltongeschäft. In Deutschland stürzten die CD-Verkäufe im April um 13 und im Mai um nochmals neun Prozent. Dagegen wächst der Branchenzweig der Pop-Events. Jens Michow, Präsident des Bundesverbandes der Veranstaltungswirtschaft, gibt für das vergangene Jahr einen Gesamtumsatz von 2,7 Milliarden Euro an. Er spricht vom wirtschaftlich stärksten Bereich der Musikindustrie. 2005 wird nun zum ersten Mal der LEA verliehen, der Live Entertainment Award, ein ernstzunehmender Konkurrent des Grammy-Plattenpreises.

Daß U2 den LEA bald in den Armen wiegen werden, ist keine verwegene Prognose. Wer die Band auf Schalke sieht, wie sie mit den bewährten Bordmitteln der Rockkultur ein Fußballstadion in verzückte Raserei versetzt, glaubt es sofort: Die Zukunft des Musikgeschäfts liegt wieder hier. In so einer Arena und nicht auf dem Plattenteller oder im CD-Schacht. "Vertigo", das jüngste Album von U2, klingt künstlerisch nicht kühn aber auf mitreißende Art konzertbegleitend.

Denn natürlich sind die Bands der breiten Mitte, grundsympathische und etwas biedermeierliche Bands wie Coldplay, R.E.M. oder U2, die Helden des Tournee-Gewerbes. Ihre Alben wollen nicht den Pop in seinen Grundfesten erschüttern. Dafür wollen Menschen sehen, daß sich Menschen, ihresgleichen also, hinter der Musik verbergen. "Die Leute wollen wieder Liveunterhaltung", sagt Burghard Zahlmann, dessen kleineres Konzertbüro U2 im Juli in die Hauptstadt holt. Bei Ebay werden Karten für 200 Euro feilgeboten fürs Dabeigewesensein, das ist das 13fache des CD-Preises. So schlicht es klingt, so klar und einfach ist das. Wie U2 auf Schalke, wie ihr nur in Hallen oder unter freiem Himmel wirklich eindrucksvolles "New Years Day"-Gewitter.

Vielleicht ist es auch kein Zufall, daß die Liverock-Renaissance zusammenfällt mit diesen neuen Fußballtempeln, die an Großstadträndern plötzlich aus den Wiesen wachsen. Steile Ränge, Schiebedach und Videowürfel. In den alten Stadien sahen Rockstars aus wie grundlos stolze Zwerge. Mühsam kämpften sie dagegen an, daß ihr Krawall vom Wind davongetragen wurde. Für die neue, laute und unglaublich fieberhafte Art der Freiluftunterhaltung gibt es sogar einen Peter-Sloterdijk-Begriff: Die Erregungsgemeinschaft. Die versichert sich durch Fußballrituale ihrer selbst und ihrer Stars.

Daß ein U2-Auftritt heute nicht mehr bedeutet als ein überwältigendes Rockkonzert, muß man als festes Mitglied der U2-Gemeinschaft selbstverständlich völlig anders sehen. Bono predigt wieder. Eindringlich gesprochene Dankeschöns für Treue, Gnade, Zukunftshoffnung und sogar für Gerhard Schröder. Der Schriftzug "Co-Exist" erscheint im Bühnenbild. Dem Martin-Luther-King-Song "In the Name of Love" folgt "Where the Streets Have No Name", und alle Flaggen Afrikas flimmern vorüber wie die Laufbänder auf CNN. Es gibt noch viel zu tun, ruft Bono.

Das ist die zwar ehrenwerte aber auch nur auf sich selbst verweisende Symbolik, die den Zuschauer hier nicht viel weiter führt als bis zum Bier- und Brezelstand, nicht zum G8-Gipfel, zum Papst, zu Kofi Annan. Und das wäre auch eine ganz andere Geschichte. Allenfalls trägt einen dieses Predigen zurück zum ersten deutschen Großkonzert der Iren. 1983 auf der Loreley erklomm der Sänger Bono einen Felsen, schwenkte eine weiße Fahne und ergab sich. Viele sagten: vor dem großartigen und bedeutungsfreien Ruhm der Rockmusik.

Noch mehr U2 im Konzert: 7. Juli Berlin, 3. August München.

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