U2 Elevation Tour
Elevation Tour 2nd leg: Europe
: Hallenstadion - Zurich, Switzerland
Verzückung der Massen - U2 im Hallenstadion
Markus Ganz (published on 2001-07-25)Source: Neue Zürcher Zeitung
Verzückung der Massen - U2 im Hallenstadion
Verglichen mit der gigantischen und teuren Show von 1997 wirkte das erste von zwei ausverkauften Konzerten im Hallenstadion eher bescheiden.
Bescheidenheit war noch nie eine Tugend von U2. Seit ihrer Gründung im Jahr 1976 will die irische Band mit ihren Rocksongs die Massen bewegen und mit dem Geist des Guten beseelen. Das hat sie schon in den achtziger Jahren erreicht, doch sie wollte mehr. Sie wollte mit ihrer Musik auch am Puls der Zeit bleiben und wagte in den neunziger Jahren zunehmend die Vermischung mit elektronischer Musik. Mit der ambitionierten «Pop Mart»-Show thematisierte sie 1997 zudem den Supermarkt Pop, der für jeden etwas bietet, und kokettierte selbst mit dem Grössenwahn der Branche, indem sie ihn selbst lustvoll auslebte und zugleich ironisierte.
Raffinierte Lichteffekte
Verglichen mit der pompösen und offenbar auch defizitären «Pop Mart»-Show wirkte das erste von zwei ausverkauften Konzerten im Hallenstadion denn auch tatsächlich eher bescheiden, passend zum schlichten Sound des neusten Albums, «All That You Can't Leave Behind». U2 verzichtete auf die knalligen Gimmicks und den elektronischen Firlefanz von «Pop Mart»: Neben raffinierten Lichteffekten gab es lediglich vier Leinwände zu sehen, die in schwarzweissen Detailaufnahmen die vier unauffällig gekleideten Musiker zeigten, wie sie auf der Bühne und einem herzförmig ins Publikum führenden Laufsteg spielten.
Grenzenlos war am Montagabend hingegen die Reaktion der Fans, liegt das letzte Konzert von U2 in der Schweiz doch acht Jahre zurück. Die grösstenteils 30- bis 40-Jährigen quittierten im tropisch feuchtheissen Raum die schlicht, roh und energiegeladen interpretierten Songs mit einer Euphorie, wie man sie sonst nur bei Teenie-Bands erlebt - und das passte nicht immer zu den schwermütigen bis ernsten Inhalten der Stücke. Es ist zweifelhaft, ob die pazifistische Message von «Sunday Bloody Sunday» - der Song war der erste Höhepunkt des Konzerts - zur Kenntnis genommen wurde; der pathetisch klagende Ausdruck des Refrains klang beim mitsingenden Publikum eher nach Schlachtruf.
Doch der einst missionarisch auftretende Sänger Bono Vox ist sich klar geworden, dass sein Sendungsbewusstsein in einem Konzert höchstens Impulse auslösen kann. So blieben seine vereinzelten Anmerkungen zu sozialpolitischen Themen in Andeutungen hängen, wogegen seine regelmässigen Treffen mit Staatschefs mehr für seine Anliegen - wie etwa dasjenige der Entschuldung der ärmsten Länder der Welt - bewirken dürften. Er habe vor nichts in dieser Welt Angst, sang er im Duett mit Gitarrist The Edge im wunderschön interpretierten Stück «Stuck In A Moment You Can't Get Out Of».
Berauschende Hörerlebnisse
Ein grosser Teil des Publikums stimmte bei vielen Titeln inbrünstig in den klar intonierten und selten mehr pathetischen Gesang von Bono ein. Auffallend am Programm war, dass die meisten Songs älter als zehn Jahre waren oder vom neuen Album stammten, das sich musikalisch auf diese Zeit zurückbesinnt. Als Glanzlichter des gut zweistündigen Konzerts erwiesen sich kurz vor dem Ende die Klassiker «Where The Streets Have No Name», «Mysterious Ways» und «Bullet The Blue Sky». Hier spielten die vier Musiker ihre kaum zu übertreffende Stärke aus, aus simplen Songs ergreifende bis berauschende Hörerlebnisse für die Massen zu schaffen. Ob die alte Formel aber auch auf kommenden Platten noch zu fesseln vermag, ist fraglich.
Often plagiarised, never matched.